Clevere kleine Maenner mit dicken Saecken

Ich sass gestern in der Vorlesung und versuchte mal wieder der Professorin von den Lippen zu lesen, da ging die Tuer auf und ein kleiner verschuechterter Mann betrat den Raum. Er hatte einen Plastikbecher in der rechten Hand und zwischen seinen Fingern waren laengsgefaltete Pesoscheine platziert. Mit gebuecktem Ruecken und demuetigem Blick brachte er seine Bitte vor. Mich ueberkam gleich der Gedanke, dass ich dieses Rumpelstilzchen irgendwo schon einmal gesehen hatte, doch wollte mir par tout nicht einfallen wo. Da dieser kleine, offensichtlich minderbemittelte Mann, einen recht derben Akzent drauf hatte, verstand ich leider gar nichts und verfolgte nur interessiert seine Bewegungen. Tief gebueckt, fast kriechend wand er sich in Richtung unserer Lehrmeisterin und schaute ihr von unten herauf tief in die Augen. Ein wenig unsicher ihres sozialen Mitleids nickte sie schliesslich doch mit leichteroetetem Kopf, stopfte ihm einen Zwei-Peso-Schein in die Bettelkiste und liess das Maennlein gewaehren. Seiner Sache sicher, nachdem er die Rudelfuehrerin emotional zu Boden gerungen hatte, nun auch den Rest muehelos anschnorren zu koennen, huepfte er durch die Reihen und nahm die Kohle entgegen. Die Pesostuecken krachten und klimperten nur so in den Becher dieses kleinen cleveren Mannes. Da ich nicht verstanden hatte worum es geht und ich nicht grundlos Samariter spielen wollte, fragte ich meinen Nachbarn. Er zuckte mit den Achseln und nuschelte mir irgendwelche Vermutungen ins Ohr. Der Mann haette eine kranke Frau, die zur Operation ins Krankenhaus in die Haupstadt geflogen werden muesste. Er hielt auch schon das seinen Pflichtobulus zwischen den Fingern und seine Blicke forderten mich auf, es ihm gleich zu tun. Da kam Smeagold auch schon mit seinem Becher zu mir geschwaenzelt und hielt ihn mir unter die Nase. Alles schien mich anzustarren. Es gab keinen der nicht gespendet hatte und ich wusste alles was ich noch in der Tasche hatte war ein 5er. Kurzum, ich konnte dem Druck nicht standhalten und warf den Schein in den Klingelbeutel. Er grinste mich haemisch an und bedankte sich scheinheilig. In diesem Moment durchzuckte es mich wie einen Blitz. Der Wicht, der hier gerade nicht nur mich, sondern auch ungefaehr 40 meiner Mitstudenten abgezogen hatte, macht sonst Huetchenspiele hinterm Bustbahnhof gleich bei mir um die Ecke. Ich hatte ihm schon ein oder zweimal zugesehen, wie er in guter alter „Ich lass erst meinen Kumpel gewinnen, damit nicht auffaellt das ich bescheisse und zieh dich dann ab“ – Manier, unbeholfene Landsleute abgezockt hatte. Mich erwischst du so leicht nicht, hatte ich damals noch in mich reingemurmelt und die Idioten ausgelacht, die auf solche Kinderspielchen hereinfallen. Just in diesem Moment hatte der Mann seine Runde beendet, bedankte sich artig, dachte wahrscheinlich noch kurz, was fuer Deppen, und verliess strahlend den Seminarraum.
So etwas funktioniert nur in Argentinien. Auf der einen Seite niedlich jedem helfen zu wollen, auf der anderen Seite schade sich in bestimmten Lebenssituationen so erbaermlich uebern Tisch zu lassen. Vielleicht geschieht das hier ja sogar wissentlich und die Leute nehmen es hin, als eine Art Bussedienst, als eine Art Gemeinschaftsaufgabe. Der Mann der mir meine Telefonkarte verkauft, unterbrach zum Beispiel sein Verkaufsgespraech, weil eine alte Frau ihm Socken zu ueberteurten Preisen anbot. Ohne mit der Wimper zu zucken kaufte er ihr fuenf Paar ab. Frauen mit „sin drogas“ Aufklebern verdienen sich bei ihren Schnorrtouren dumm und dusslig, obwohl jeder zu wissen scheint, dass sie in die eigene Tasche wirtschaften.... Nun ja... Auf jeden Fall kann ich mich eines unguten Gefuehls nicht erwehren wenn mich einer uebern Tisch zieht und ich glaube das schaffen auch acht Monate Argentinien nicht. Eines weiss ich allerdings, wenn ich diesen kleinen Gartenzwerg das naechste Mal sehe, ziehe ich ihn nakt aus, haenge ihn an den naechsten Fahnenmast und schreibe in grossen schwarzen Lettern „estafador“ auf seinen Arsch, wenn das auf so einen kleinen Vorstadtarsch ueberhaupt drauf geht.
Baschdl - 10. Sep, 00:18

Dumm gelaufen

Warum wirst Du ni Schriftsteller. Du schaffst es echt nen Roman über ne Abzocke zu schreiben. Genial. Wirklich. Ich habe es ja wieder bis zum Schluss gelesen... :) Du hast also noch Geld. Das ist doch schön. Oder hat Dich Rumpelstielzchen nochmal abgezockt??? Haha...
Schon toll, dass wirklich jeder in eure Seminare darf! Hört sich nach Zirkus an. Wenn das erstmal die Runde macht, ist eure Uni und bist vor allem Du die sichere Einnahmequelle. Hier werden die Steuren angehoben, oder neue erfunden und bei Euch schicken die einfach ein paar mehr Abzocker mit neuen Maschen in die Uni. Echt geil!

mikeburner - 11. Sep, 16:19

hi basdl

ich hatte schon befuerchtet das du noch lebst. ich fuehle mich schon ein wenig geehrt, dass du an meinem Leben Anteil nimmst. Waehrend fuer dich die weite Welt, das grosse Ganze, der Mensch an sich zaehlt, ist meine Passion eben eher das Detail, der feine Unterschied, das Quentchen Variabilitaet des interkulturellen Dialogs. Dabei will ich deine aeusserst (entschuldige bitte, aber es gibt hier weder ein SZ, noch ein a Umlaut auf der Tastatur) anregende Kritik durchaus nicht mit schaendlichen Bemerkungen haenseln, doch wenn du die Ironie in meinem zweiten Satz erkannt haben solltest, muesste es sich sogar dir erschliessen, das zwischenmenschliche Kommunikation und Reflexion weder was zu essen ist noch ein italienischer Modestil, sondern harte Arbeit... mein mir so treuer Freund. Fuer´s naechste Mal meine kleine putzig taetowierte Nachtigall, berichte mir aus deinem eigenen, was auch immer du darunter verstehst, Leben und sag was dich bewegt, damit ich auch mit dir leiden, lachen und fuehlen kann. In der Zwischenzeit freue ich mich natuerlich ueber jedes Lebenszeichen von dir, mag es auch och so hilflos und voller innerer Verbitterung sein. In ewiger Treue, dein Michael
Baschdl - 16. Sep, 19:44

Oje Micha!

Deinen Schreibstil bewundere ich wirklich! Ich glaube, es ist nicht so schlimm, dass Du meine 'Haenseleien' zu ernst nimmst; da scheinst Du zum Textkrieger zu werden. Ist bei Dir tatsächlich beneidenswerte Kampfkunst :)))
Mensch. Aber ich will auch sehr gern darauf verzichten! Ich bin sehr sehr angetan von Deinen Erzählungen und würde einen Teufel tun, Deine Art die Welt zu reflektieren, zu beschmunzeln. Nie im Leben!!! Ich hoffe, ich habe mich hiermit definiert, Du Micha!

So und dann wollte ich Dich doch noch fragen, ob Du noch interesse an nem tolleren Blog hättest! Hast Du? Ich könnte Dir jetzt einen bauen! Hab nen schönes CMS dafür gefunden. Also meld Dich mal. Wir müssten Dir nur noch eine Domaine bestellen...

Also. Bis dann!
Deine tätowierte Nachtigal ;)

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