Zurückgebeamt
Letzten Dienstag hat mich gegen 11 Uhr vormittags einer aus dem bett geklingelt und ohne sich bei mir zu entschuldigen einfach angefangen zu sprechen. Dann überkam mich gestern ein Anfall von schlechtem Gewissen, als ich mich nachmittags hinlegte, um meine Siesta zu geniessen, weil ich ja zwei wertvolle Stunden meines Lebens mit Schlafen vergeuden könnte. ich bemerke wie ich Leuten, die mir im Grunde nicht mehr als drei Sätze wert sind, gezielt aus dem Weg gehe und wie ich Telefonanrufe unbeantwortet lasse, weil sie in meiner sozialen Kosten-Nutzenrechnung durchs Raster fallen. Ich ziehe die Zeit, die ich zu einem Termin brauche neuerdings vom vereinbarten Zeitpunkt ab und erwische mich dabei, dass ich fünf Minuten eher da bin... WAS IST DA LOS???
Ich bin wieder zu Hause und Südamerika fängt an wie die Sommerbräune meiner Haut sich in ein blasses blaublütiges Deutschland zu verwandeln. Die Falte zwischen meinen Augen (siehe Bild oben) wird tiefer und furchiger und ich merke wie ich wieder in meinen alten Zynismus zurückfalle. Nicht einmal Leberwurst und Hackepeter wissen mich mehr aufzuheitern und wenn ich nicht bald was unternehme werde ich noch depressiv und muss mir, wie scheinbar alle in meinem Umfeld, einen Therapeuten suchen. Was da helfen könnte wäre ein wenig Sonne und ein wenig Leck-Mich-Am-Arsch Stimmung, aber die finanzielle Situation und die Dichte meines Stundenplanes lassen das nicht zu. Nachdem ich die ersten 3 Wochen noch mit Wiedersehensgeplänkel überstehen konnte, fühl ich mich im Moment ein wenig zerissen und kann mich nur schwerlich auf eine Sache konzentrieren. An manchen Tagen fange ich an Songs zu schreiben, die keiner hören will und mich selbst zu langweilen, in dem ich die Abende vor Filmen verbringe, die ich schon hunderte Male gesehen habe, immer mit der Ausrede im Hinterkopf, dass der vielleicht nach 2 Jahren Pause doch noch mal ganz spannend werden könnte. Nach spätestens zehn Minuten ertappe ich mich dabei, wie ich bei den Liebesszenen e Mails beantworte, oder schaue was Zecken - Kreuzpinsetten im Internet kosten. Seit ich nicht mehr rauche, was nach diesem Artikel dann jetzt wirklich jeder weiss, habe ich auch noch diese ca. 50 Minuten (die Summe ergibt sich aus 10 Zigaretten a 5 Minuten) zuviel im "Zeitplan" und da wird es doch verfickt und zugenäht erlaubt sein ein zwei Stunden am Nachmittag die Augen zuzumachen.
Ein sesshaftes Leben zwischen all den Verpflichtungen, gewollte oder ungewollte, ist kein Zuckerschlecken. Im Grunde verbringen wir den halben Tag damit uns selbst zu organisieren. Seit der Einführung von Mobilfunktelefonen hat sich dieses Problem sogar noch vervielfältigt. Wieviele Minuten klotzen wir jeden Tag auf dieses kleine Display und tippen Kurznachrichten. Wir vergeuden Zeit damit das Abgesagte abzusagen und Dinge ganz speziell auf unsere Bedürfnisse zuschneidern zu wollen. Ein Treffen mit Freunden, wird nach Preferenzen gestaffelt und am Ende müssen wir zwischen drei oder vier Angeboten für einen Freitag Abend auswählen. Den anderen gehört natürlich abgesagt, meist per SMS, weil der Anruf entweder zu teuer ist, oder die Entschuldigungen für das Nichterscheinen zu fadenscheinig, zu banal sind, so dass wir uns schämen unseren "Plan" nicht hundertprozentig erfüllen zu können. Was macht es für einen Unterschied ob man sich per SMS entschuldigt, oder einfach nicht kommt. Es ist genau daselbe, dass schlechte Gewissen kann man sich in beiden Fällen sparen. Zurück zum Punkt: Ich will meine Freiheit zurück, mich auszuklinken wenn mir danach ist. Ich will, wenn ich Lust dazu habe, drei Wochen lang, jeden Tag acht Stunden ein und dieselbe Note am Klavier spielen dürfen, ich will das Recht haben über einen Zeitraum von einem Monat ein einstündiges Interview mit jedem Schulze ohne t in ganz Deutschland führen zu dürfen, ohne als asozial abgestempelt zu werden oder meinen Job, meine Wohung, mein Leben zu verlieren, dass mich angeblich zu dem machen soll was ich bin. Stattdessen stehe ich früh auf und beame mich nach dem Frühstück in eine zweistündige Grammatiklektion der arabischen Sprache. Gegen Mittag gebe ich mir den absoluten Neuralwahnsinn im Speisesaal meiner Universität. Die Anzahl der lebensunfähigen Geschöpfe an einem geisteswissenschaftlichen Institut wie dem meinigen sind unbeschreiblich und deren Gespräche nur eine Folge und der Grund, der mich ernsthaft an der Zukunft von D'schland zweifeln lässt. Danach beame ich mich über das Seminar der Erinnungskulturen nach Argentinien zurück und lasse die "madres e abuelas de la plaza de mayo" sprechen. Zwei Stunden gehen dafür locker drauf. Am Nachmittag noch ein wenig Feldforschung am Ethnologieinstitut und dann noch schnell ein Interview über Drogenabhängige in Leipzig für Mephisto vorbereiten. Zwischendurch schreie ich mich mit Behörden übers Telefon an, kämpfe mit meinem Vermieter und beantworte alle möglichen Scheiss emails. Dabei ist es nicht das Problem diese Aufgaben zu erfüllen... NEIN... Es ist das Scheiss Problem sich auf irgendwas zu konzentrieren. Im Schnitt brauche ich am Anfang einer jeden neuen Aufgabe 15 - 30 Minuten um überhaupt reinzukommen und ungefähr genau soviel Zeit noch einmal um wieder herauszukommen. D.h.: Ich verschwende an einem guten Tag ohne viele Unterbrechungen ca. 2 Stunden mit Übergangsphasen. Ich bin schon ein kleines Unternehmen, wenn ich anfange selbstständig zu werden. Während man früher seinem Vermieter am Monatsersten die Miete in die Hand gedrückt hat, verbingt man heute Stunden, Wochen, Monate damit sich um Telefon, Internet, günstige Stromanbieter, Steuernachzahlungen, Wohnungsangebote, Wohnungsübergabeprotokolle, Jobs, Angebote für Jobs, Rechnungen schreiben für Jobs, Ab- und Anmeldungen in neuen Städten, Bürgergelder, Passkopien, Passfotos, neue Taschen, die neuesten Handymodelle, Internethighlights, Soft- und Hardware für Rechner und Laptop und und undundundndundundundundundundund... das läppert sich
Nicht das ich das alles ablehnen würde, aber es kostet mich Kraft und Zeit und lässt mich ein Leben der mittelmässigen Vielseitigkeit führen. Ein Leben was ich eben bis vor kurzem nicht mehr hatte und bei dem es mir im Moment schwer fällt mich wieder dran zu gewöhnen. Auf Reisen konzentriert, langweilt, liebt man, hasst man, lebt man nur sich selbst und denkt nicht mal einen Moment an Rechtfertigung, Konsequenzen und dieses schwülstige nichtssagende Wort "Zukunft". Sorry ich muss los, mein Rechner ist letztens abgekackt und die neuinstallierte Firewall Version hat keinen Code. Der Penner der sie mir gebrannt hat, hat kein Telefon und ohne Rechner bin ich von der Aussenwelt, also auch von ihm abgeschnitten.
Ich bin wieder zu Hause und Südamerika fängt an wie die Sommerbräune meiner Haut sich in ein blasses blaublütiges Deutschland zu verwandeln. Die Falte zwischen meinen Augen (siehe Bild oben) wird tiefer und furchiger und ich merke wie ich wieder in meinen alten Zynismus zurückfalle. Nicht einmal Leberwurst und Hackepeter wissen mich mehr aufzuheitern und wenn ich nicht bald was unternehme werde ich noch depressiv und muss mir, wie scheinbar alle in meinem Umfeld, einen Therapeuten suchen. Was da helfen könnte wäre ein wenig Sonne und ein wenig Leck-Mich-Am-Arsch Stimmung, aber die finanzielle Situation und die Dichte meines Stundenplanes lassen das nicht zu. Nachdem ich die ersten 3 Wochen noch mit Wiedersehensgeplänkel überstehen konnte, fühl ich mich im Moment ein wenig zerissen und kann mich nur schwerlich auf eine Sache konzentrieren. An manchen Tagen fange ich an Songs zu schreiben, die keiner hören will und mich selbst zu langweilen, in dem ich die Abende vor Filmen verbringe, die ich schon hunderte Male gesehen habe, immer mit der Ausrede im Hinterkopf, dass der vielleicht nach 2 Jahren Pause doch noch mal ganz spannend werden könnte. Nach spätestens zehn Minuten ertappe ich mich dabei, wie ich bei den Liebesszenen e Mails beantworte, oder schaue was Zecken - Kreuzpinsetten im Internet kosten. Seit ich nicht mehr rauche, was nach diesem Artikel dann jetzt wirklich jeder weiss, habe ich auch noch diese ca. 50 Minuten (die Summe ergibt sich aus 10 Zigaretten a 5 Minuten) zuviel im "Zeitplan" und da wird es doch verfickt und zugenäht erlaubt sein ein zwei Stunden am Nachmittag die Augen zuzumachen.
Ein sesshaftes Leben zwischen all den Verpflichtungen, gewollte oder ungewollte, ist kein Zuckerschlecken. Im Grunde verbringen wir den halben Tag damit uns selbst zu organisieren. Seit der Einführung von Mobilfunktelefonen hat sich dieses Problem sogar noch vervielfältigt. Wieviele Minuten klotzen wir jeden Tag auf dieses kleine Display und tippen Kurznachrichten. Wir vergeuden Zeit damit das Abgesagte abzusagen und Dinge ganz speziell auf unsere Bedürfnisse zuschneidern zu wollen. Ein Treffen mit Freunden, wird nach Preferenzen gestaffelt und am Ende müssen wir zwischen drei oder vier Angeboten für einen Freitag Abend auswählen. Den anderen gehört natürlich abgesagt, meist per SMS, weil der Anruf entweder zu teuer ist, oder die Entschuldigungen für das Nichterscheinen zu fadenscheinig, zu banal sind, so dass wir uns schämen unseren "Plan" nicht hundertprozentig erfüllen zu können. Was macht es für einen Unterschied ob man sich per SMS entschuldigt, oder einfach nicht kommt. Es ist genau daselbe, dass schlechte Gewissen kann man sich in beiden Fällen sparen. Zurück zum Punkt: Ich will meine Freiheit zurück, mich auszuklinken wenn mir danach ist. Ich will, wenn ich Lust dazu habe, drei Wochen lang, jeden Tag acht Stunden ein und dieselbe Note am Klavier spielen dürfen, ich will das Recht haben über einen Zeitraum von einem Monat ein einstündiges Interview mit jedem Schulze ohne t in ganz Deutschland führen zu dürfen, ohne als asozial abgestempelt zu werden oder meinen Job, meine Wohung, mein Leben zu verlieren, dass mich angeblich zu dem machen soll was ich bin. Stattdessen stehe ich früh auf und beame mich nach dem Frühstück in eine zweistündige Grammatiklektion der arabischen Sprache. Gegen Mittag gebe ich mir den absoluten Neuralwahnsinn im Speisesaal meiner Universität. Die Anzahl der lebensunfähigen Geschöpfe an einem geisteswissenschaftlichen Institut wie dem meinigen sind unbeschreiblich und deren Gespräche nur eine Folge und der Grund, der mich ernsthaft an der Zukunft von D'schland zweifeln lässt. Danach beame ich mich über das Seminar der Erinnungskulturen nach Argentinien zurück und lasse die "madres e abuelas de la plaza de mayo" sprechen. Zwei Stunden gehen dafür locker drauf. Am Nachmittag noch ein wenig Feldforschung am Ethnologieinstitut und dann noch schnell ein Interview über Drogenabhängige in Leipzig für Mephisto vorbereiten. Zwischendurch schreie ich mich mit Behörden übers Telefon an, kämpfe mit meinem Vermieter und beantworte alle möglichen Scheiss emails. Dabei ist es nicht das Problem diese Aufgaben zu erfüllen... NEIN... Es ist das Scheiss Problem sich auf irgendwas zu konzentrieren. Im Schnitt brauche ich am Anfang einer jeden neuen Aufgabe 15 - 30 Minuten um überhaupt reinzukommen und ungefähr genau soviel Zeit noch einmal um wieder herauszukommen. D.h.: Ich verschwende an einem guten Tag ohne viele Unterbrechungen ca. 2 Stunden mit Übergangsphasen. Ich bin schon ein kleines Unternehmen, wenn ich anfange selbstständig zu werden. Während man früher seinem Vermieter am Monatsersten die Miete in die Hand gedrückt hat, verbingt man heute Stunden, Wochen, Monate damit sich um Telefon, Internet, günstige Stromanbieter, Steuernachzahlungen, Wohnungsangebote, Wohnungsübergabeprotokolle, Jobs, Angebote für Jobs, Rechnungen schreiben für Jobs, Ab- und Anmeldungen in neuen Städten, Bürgergelder, Passkopien, Passfotos, neue Taschen, die neuesten Handymodelle, Internethighlights, Soft- und Hardware für Rechner und Laptop und und undundundndundundundundundundund... das läppert sich
Nicht das ich das alles ablehnen würde, aber es kostet mich Kraft und Zeit und lässt mich ein Leben der mittelmässigen Vielseitigkeit führen. Ein Leben was ich eben bis vor kurzem nicht mehr hatte und bei dem es mir im Moment schwer fällt mich wieder dran zu gewöhnen. Auf Reisen konzentriert, langweilt, liebt man, hasst man, lebt man nur sich selbst und denkt nicht mal einen Moment an Rechtfertigung, Konsequenzen und dieses schwülstige nichtssagende Wort "Zukunft". Sorry ich muss los, mein Rechner ist letztens abgekackt und die neuinstallierte Firewall Version hat keinen Code. Der Penner der sie mir gebrannt hat, hat kein Telefon und ohne Rechner bin ich von der Aussenwelt, also auch von ihm abgeschnitten.
mikeburner - 28. Apr, 15:30