Armin Finster
"Where you from" bellt es neben mir, als ich durch den Gang des Minibusses gehe um mir einen Platz in den hinteren Reihen zu suchen. Die Nacht war lang gewesen in den Bars der Stadt und heute wollten wir nur noch an den Strand, die mueden Glieder in den Sand packen und ab und an ein wenig Erfrischung suchen im kalten Pazifik.
Ich war genervt, wie immer wenn nach einer durchzechten Nacht der Schaedel brummt und raunzte, ohne naeher hinzuschauen. "de Alemania, che de Alemania...!" "Oh", sagte er, " dann koennen wir uns ja auch auf deutsch unterhalten." Erst jetzt musterte ich neugierig den Mann, der mich da eben in akzentfreiem Deutsch angesprochen hatte. Er hatte weisses dichtes Haar und stechend blaue Augen, die wachsam jede meiner Bewegungen musterten. Der Mann trug einen alten verschlissenen Anzug und hatte einen Geigenkoffer auf den Knien. Eine Geschichte auf Zeit, ging es mir durch den Kopf, warum eigentlich nicht.
Er heisse Armin Finster und wohne in Quintero, einem kleinen Dorf hinter Viña de Mar. "Und Sie...?" fragte er hoeflich. Er koenne mich ruhig dutzen, antwortete ich und ich erzaehlte ihm, dass ich aus Sachsen komme. Da begannen seine Augen zu strahlen. Seine Eltern haetten vor seiner Geburt in Goerlitz gewohnt und waeren dann vor dem Krieg nach Chile ausgewandert. Er hatte in Freiberg Forstwirtschaft studiert und sei dann als Forstwirt und Ingenier durch die Welt gezogen. "In Schweden, Amerika, Portugal und Spanien habe ich gearbeitet, "... et jái travaillé en France aussi." antwortete er und laechelte in Richtung meiner Pariser Begleiterin. Heute sei er zu alt zum Reisen, immerhin sei er schon 72. Seit ueber 50 Jahren spiele er Geige, auf einem Instrument, dass ihm sein Vater aus Deutschland mitgebracht hatte, als er noch ein Junge war. Der Kasten sei noch derselbe und er habe sein ganzes Leben nie auf einer anderen Violine gespielt. Zweimal die Woche unterhaelt er die Leute in der U-Bahn von Valparaiso und gibt privaten Deutschunterricht. Seine Frau, eine Schriftstellerin und Malerin und ebenfalls Kind einer deutschen Auswandererfamilie organisiert in der Municipalidad von Viña del Mar ab und an Ausstellungen auf denen er dann sein klassisches Reportoire zum besten geben kann. Sein Sohn habe jetzt den Forstbetrieb uebernommen und den Verkauf von Pflanzensamen in ein neues Zeitalter gefuehrt. Mit dem Internet kenne er sich nicht aus und das solle auch so bleiben, er wolle sowieso nur noch das machen worauf er Lust hat. Letzte Woche sei er in der Zeitung gewesen, erzaehlte er weiter und kramte einen tausendfach gefalteten Artikel, der hiesigen Tageszeitung raus. "Klassik im Untergrund" lautete die Ueberschrift. Seine Frau betreibt nebenbei eine kleine Pension in der Avenida Francia in Quintero. Mit ihr spricht er auch noch deutsch, aber die Kinder haetten keine Lust gehabt es zu lernen, verstuenden es zwar noch, aber sprechen wuerden sie es nicht mehr. Und waehrend wir so durch die Landschaft fuhren und Armin Finster neben mir in seiner angenehm ruhigen Art mit mir plauderte, bemerkte ich wie sehr ich diesen Mann bewunderte, fuer das was er in seinem Leben erreicht hatte und wie gluecklich und vital er wirkte trotz seines Alters. "Wenn ich mal gross bin Armin, dann will ich so werden wie du.", sprudelte es aus mir raus, als ich am Horizont das Meer naeher kommen sah. Er gab mir eins der Buecher seiner Frau und schrieb mir seine Adresse rein. "Sie...aeh du kannst jederzeit vorbeikommen." sagte er noch bevor ich zum Fahrer vorstuerzte, der Bus hielt und ich endlich das Meer in der Nase hatte. So einfach ist das also mit dem Leben, dachte ich bei mir.
Also Leute: Wenn ihr mal Samem braucht wendet euch doch vertrauensvoll an den Finster, Armin
Ach und Friedel: ... vielleicht en Praktikum fuer dich im Forst von Chile?
Ich war genervt, wie immer wenn nach einer durchzechten Nacht der Schaedel brummt und raunzte, ohne naeher hinzuschauen. "de Alemania, che de Alemania...!" "Oh", sagte er, " dann koennen wir uns ja auch auf deutsch unterhalten." Erst jetzt musterte ich neugierig den Mann, der mich da eben in akzentfreiem Deutsch angesprochen hatte. Er hatte weisses dichtes Haar und stechend blaue Augen, die wachsam jede meiner Bewegungen musterten. Der Mann trug einen alten verschlissenen Anzug und hatte einen Geigenkoffer auf den Knien. Eine Geschichte auf Zeit, ging es mir durch den Kopf, warum eigentlich nicht.
Er heisse Armin Finster und wohne in Quintero, einem kleinen Dorf hinter Viña de Mar. "Und Sie...?" fragte er hoeflich. Er koenne mich ruhig dutzen, antwortete ich und ich erzaehlte ihm, dass ich aus Sachsen komme. Da begannen seine Augen zu strahlen. Seine Eltern haetten vor seiner Geburt in Goerlitz gewohnt und waeren dann vor dem Krieg nach Chile ausgewandert. Er hatte in Freiberg Forstwirtschaft studiert und sei dann als Forstwirt und Ingenier durch die Welt gezogen. "In Schweden, Amerika, Portugal und Spanien habe ich gearbeitet, "... et jái travaillé en France aussi." antwortete er und laechelte in Richtung meiner Pariser Begleiterin. Heute sei er zu alt zum Reisen, immerhin sei er schon 72. Seit ueber 50 Jahren spiele er Geige, auf einem Instrument, dass ihm sein Vater aus Deutschland mitgebracht hatte, als er noch ein Junge war. Der Kasten sei noch derselbe und er habe sein ganzes Leben nie auf einer anderen Violine gespielt. Zweimal die Woche unterhaelt er die Leute in der U-Bahn von Valparaiso und gibt privaten Deutschunterricht. Seine Frau, eine Schriftstellerin und Malerin und ebenfalls Kind einer deutschen Auswandererfamilie organisiert in der Municipalidad von Viña del Mar ab und an Ausstellungen auf denen er dann sein klassisches Reportoire zum besten geben kann. Sein Sohn habe jetzt den Forstbetrieb uebernommen und den Verkauf von Pflanzensamen in ein neues Zeitalter gefuehrt. Mit dem Internet kenne er sich nicht aus und das solle auch so bleiben, er wolle sowieso nur noch das machen worauf er Lust hat. Letzte Woche sei er in der Zeitung gewesen, erzaehlte er weiter und kramte einen tausendfach gefalteten Artikel, der hiesigen Tageszeitung raus. "Klassik im Untergrund" lautete die Ueberschrift. Seine Frau betreibt nebenbei eine kleine Pension in der Avenida Francia in Quintero. Mit ihr spricht er auch noch deutsch, aber die Kinder haetten keine Lust gehabt es zu lernen, verstuenden es zwar noch, aber sprechen wuerden sie es nicht mehr. Und waehrend wir so durch die Landschaft fuhren und Armin Finster neben mir in seiner angenehm ruhigen Art mit mir plauderte, bemerkte ich wie sehr ich diesen Mann bewunderte, fuer das was er in seinem Leben erreicht hatte und wie gluecklich und vital er wirkte trotz seines Alters. "Wenn ich mal gross bin Armin, dann will ich so werden wie du.", sprudelte es aus mir raus, als ich am Horizont das Meer naeher kommen sah. Er gab mir eins der Buecher seiner Frau und schrieb mir seine Adresse rein. "Sie...aeh du kannst jederzeit vorbeikommen." sagte er noch bevor ich zum Fahrer vorstuerzte, der Bus hielt und ich endlich das Meer in der Nase hatte. So einfach ist das also mit dem Leben, dachte ich bei mir.
Also Leute: Wenn ihr mal Samem braucht wendet euch doch vertrauensvoll an den Finster, Armin
Ach und Friedel: ... vielleicht en Praktikum fuer dich im Forst von Chile?
mikeburner - 11. Nov, 18:58